Die neue Motorrad-Leidenschaft heißt Individualisierung. Nein, die gibt’s nicht am Kiosk, aber mehr und mehr in den Markenstores der Motorradhändler. Coole Bikes im Basislook, leicht retrogewandet, aber technisch up to date. Wie gemacht für An- und Umbauten in der eigenen Garage, beim Customizer oder aus dem Zubehörkatalog des Herstellers.
Und damit wären wir bei der Leidenschaft am Kiosk:
In einer Zeit, in der Zeitschriften dem immer stärker werdenden Kostendruck nicht mehr standhalten und vom Markt verschwinden, machen zwei unterschiedliche Verlage ganz neuen Druck und schicken ihre wunderschönen Erstausgaben ins Rennen um den großen Trend zur Individualisierung und damit um eine emotionale, leidenschaftliche und unfassbar coole Leserschaft, die ihre Bikes selbst veredeln oder beim Edeldesigner in Auftrag geben. FUEL heißt das Magazin für Motorrad und Leidenschaft, von Rolf Henniges konzipiertes und weitgehend selbst, auf jeden Fall immer edel geschriebenes Heft der Motorpresse Stuttgart, dem Chefredakteur Michael Pfeiffer bescheinigt, „wir hätten es auch Rolf nennen können, dann stünde drauf, was drin und drauf ist.“ Denn Edelfeder Rolf Henniges hat sich als Redakteur von MOTORRAD aus dem gleichen Verlag schon einen gewissen Kultstatus erschrieben und gibt auch gleich den Titelboy. ROLF hat sein Versprechen gehalten und einen dieser im Ruhrgebiet so herrlich verregneten Weihnachtstage ein bisschen heller gemacht.
ROADSTER, der zweite große Wurf in der Vorweihnachtszeit, könnte dem schönen Pfeiffer'schen Bonmot folgend Guido heißen, denn auch bei der ambitionierten Neuerscheinung aus dem Huber-Verlag steht ein Mann im Wortsinn federführend für das Projekt: Guido Kupper, der dieses Segment der herrlichen coolen Käuze, der Ton ups, der Wheels and Waves, der Urbans und ihrer nackten und manchmal beknackten Custombikes noch als Testchef der Zeitschrift MO mitbefeuert und quasi salonfähig gemacht hat und dafür jetzt auf vielen Fotos im Konkurrenzprodukt ROADSTER zu bewundern ist. ROADSTER spielt den Coolness-Faktor vielleicht nicht ganz so konsequent wie FUEL, bleibt ein „normales“ Magazin, punktet aber mit starkem redaktionellen Inhalt und ebenso großem Lesevergnügen. Inhaltlich steht „FUEL“ mit der irrwitzigen Motorrad-Reportage „Flamme – schreibt man bekifft bessere Texte?“ und der herrlichen 7-seitigen Textstrecke „4 Helme“ in Sachen Originalität unangefochten und mutig ganz vorn. Aber ROADSTER liefert klasse Testreportagen, eine tolle 10-Seiten-Strecke über das Wheels & Waves Festival in Biarritz, ein famoses „Ausweichmanöver“ in die Cevennen, radelt die Revolution-E ab und spürt u.a. dem „Vier-Gefühl“ zweier japanischer Vierzylinder-Generationen nach.
Aber auch die Mitbewerber haben weiterhin jeden Trend im Blick, wie es sich für gute Redaktionen gehört: MO ist seit langem Trendsetter, TOURENFAHRER und MOTORRADFAHRER aus dem Nitschke-Verlag titeln diesmal Nacktes, ebenso wie MOTORRAD-NEWS. Und zum guten Schluss sind wir wieder beim Kiosk. Der Konsument entscheidet!