Er ist eine starke Alternative zum Auto in den Innenstädten, sein niedriger Verbrauch schont Umwelt und Haushaltskasse, er findet überall einen Parkplatz, er ist als Benziner und Stromer verfügbar: Der Motorroller. Leicht zu fahren und auch für Einkaufsbummel zu gebrauchen. Mit 125 Kubikzentimeter Hubraum sind Roller sowie kleine Motorräder im Achtelliterbereich das Mobilitätsangebot der Stunde.
Dennoch hat der Referentenentwurf des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI), den Motorradführerschein A1 (bis 125 Kubikzentimeter, maximal 15 PS) unter Auflagen in den Autoführerschein B zu integrieren, zu enormen Eruptionen in der veröffentlichten Meinung geführt. Die durchweg laute Kritik interessiert es nicht, dass jeder, der seinen Autoführerschein vor dem 1. April 1980 gemacht hat, schon lange ein motorisiertes Zweirad mit 125 Kubik bewegen kann und zwar ohne jede Anleitung oder Prüfung.
A1 ist für 16-jährige der Start in die Freiheit – für erfahrene Autofahrer eine sinnvolle Ergänzung der Mobilität
Die Fahrerlaubnis der Klasse A1 gilt als Einstieg junger Menschen ab 16 Jahren in den Straßenverkehr. Ein Großteil der Ausbildung wird daher auf die erstmalige Bewegung eines Kraftfahrzeuges im realen Straßenverkehr fokussiert - die zweiradspezifische Schulung kann hier nur ein Teilaspekt der Ausbildung sein. Deswegen ist es für Inhaber der Fahrerlaubnis der Klasse B mit 5 Jahren Erfahrung im täglichen Straßenverkehr und einem Mindestalter von 25 Jahren nur angemessen, das Ausbildungsniveau in Theorie und Praxis der eigentlichen Klasse A1 auf Aspekte des Umgangs mit dem leistungsreduzierten Zweirad zu beschränken – wie im Entwurf des Ministeriums geplant. Dieser sieht sechs Unterrichtseinheiten á 90 Minuten zur Theorie- und Praxis-Ausbildung vor.
Die Prüfung ist der Stein des Anstoßes
Der Verband der Technischen Überwachungsvereine (VdTÜV) fordert zur angedachten Integration des Führerscheins A1 in B, dass die Fahrkompetenz auch in Zukunft von unabhängiger Stelle überprüft werden sollte. Doch angesichts der Faktenlage muss es erlaubt sein, zu fragen, ob tatsächlich jede Führerscheinerweiterung erneut geprüft werden muss, denn die amtliche Statistik zur Erteilung von Fahrerlaubnissen ergibt ein anderes Bild: Der Besitz der Fahrerlaubnis B senkt die Durchfallquote bei der praktischen Prüfung für eine andere Klasse und insbesondere für die Zweiradklassen, was den Verzicht auf die Prüfung nach der Ausbildung gemäß Rahmenentwurf nahelegt.
Europa ist auch ein Mobilitäts-Ideal - Deutschland isoliert sich
In 13 Staaten um Deutschland herum haben Autofahrer die Möglichkeit, z.B. mit dem Motorroller dem Stau ein Schnippchen zu schlagen. Das sind keineswegs ein paar südeuropäische Staaten, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) postuliert – es handelt sich um Kerneuropa, wie die Übersichtskarte dokumentiert! Deutschland ist das einzige bevölkerungsreiche Land, das seinen Bürgern den Einschluss von A1 in B bislang verwehrt. Selbst die für ihre restriktive Verkehrspolitik bekannte Schweiz ermöglicht ihren Bürgen seit dem letzten Jahr diese Option.
Unfreiwillig hält Österreich für die „Unstatistik des Monats“ her
Auch die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) und der Deutsche Verkehrsrat e.V. (DVR) kritisieren den Vorstoß des Bundesverkehrsministeriums. Dabei wird die angeblich verheerende Wirkung des „A1 in B-Einschlusses“ in Österreich als Gegenargument angeführt. Das renommierte RWI-Leibnitz-Institut für Wirtschaftsforschung hat diese Auslegung der Unfalldaten aus Österreich durch BASt und DVR im Juni zur „Unstatistik des Monats“ gekürt. Auch das österreichische Kuratorium für Verkehrssicherheit hat seine pessimistische Haltung aus dem Einführungsjahr 1997 mittlerweile relativiert.
Die Einbindung des A1 Führerscheins in die PKW-Fahrerlaubnis ist unter den genannten Bedingungen ein machbarer, pragmatischer Weg zur Entlastung des Gesamtverkehrs ohne Verzicht auf Individualverkehr und damit ein Ansatz zur Mobilitätswende.