Was sich 2016 an den technischen Vorschriften ändert
Für die Motorradbranche ist ein sehr gutes Jahr zu Ende gegangen. Nun stehen die ersten Fragen zu den technischen und administrativen Neuerungen im Vordergrund, denn die Europäische Union hat die technischen Vorschriften zur Fahrzeuggenehmigung runderneuert. Nicht alle neuen Anforderungen greifen bereits in diesem Jahr, die anspruchsvollsten Neuerungen erst ab 2017.
Neue Typen, neue Modelle – der feine Unterschied
Seit dem 1. Januar sind nur die neuen Typen betroffen – ab 2017 dann alle Modelle. Unter einem neuen Typ versteht der Gesetzgeber ein Fahrzeug, für das erstmalig eine neue Genehmigung beantragt wird. In der Regel ist dies entweder ein neues Modell oder eben ein Update des Fahrzeugs an die neuen Vorschriften. Pauschal gesagt, entsprechen alle neuen Modelle, die in 2016 angeboten werden, auch den neuen Vorschriften. Und es wird bekannte Modelle geben, die schlicht an technische Vorgaben angepasst wurden, aber formell eben einer neuen Typgenehmigung bedürfen. Wer es genau wissen will, kann hierzu einen Blick in die Zulassungsdokumente werfen. Im Teil I findet sich im Feld V.9 einfach ein schmuckloser Hinweis auf die neue Rahmenverordnung 168/2013.
Automatische Lichteinschaltung – ein alter Hut in neuem Gesetzestext
An der Zulassungspraxis ändert sich für das Jahr 2016 jedoch nichts. Neue und alte Vorschriften bleiben zulassungsfähig. Bis auf den Lichteinschalter ! Da Europa Motorradfahrer vor ihrer eigenen Vergesslichkeit bewahren möchte, müssen alle Fahrzeuge ab Januar 2016 über eine automatische Licht-Einschaltung, das so genannte AHO Automatic Headlamps On verfügen.
Die meisten Fahrzeughersteller haben dieses kleine Sicherheits-Feature bereits vor rund 10 Jahren selbstverpflichtend eingeführt. Nun folgt der Gesetzgeber der guten Idee und führt sie per Gesetz ein. Fahrzeuge ohne AHO dürfen somit nicht mehr zugelassen werden – eine nationale befristete Ausnahmegenehmigung kann ausschließlich vom Kraftfahrt Bundesamt (KBA) erteilt werden.
Leider hatte die Einführung von AHO aber Konsequenzen im administrativen Bereich, denn es gab in der alten Typgenehmigung gar keine Prüfvorschrift und somit auch keinerlei Dokumentation, welches Modell denn nun schon AHO besitzt und welche Fahrzeuge noch mit dem Schalter ausgerüstet sind. Deswegen wurden die Fahrzeughersteller dazu genötigt, ihre Typgenehmigungen offiziell zu ergänzen.
Zulassung und Genehmigung - eine Europäische Disharmonie
Noch schwingt Europa nicht völlig im Gleichtakt. Das Zulassungsrecht ist eine rein nationale Angelegenheit, die Genehmigung von Fahrzeugen hingegen ist europaweit harmonisiert. So können sich Fahrzeughersteller „ihre“ Genehmigungsbehörde frei aussuchen, da alle Typgenehmigungen gleichwertig sind und vom jeweiligen Mitgliedsstaat anerkannt werden müssen. In Deutschland ist das KBA die Typgenehmigungsbehörde, aber es gibt viele solcher Behörden in Europa.
Eine gültige Typgenehmigung ist die Grundlage für die Zulassung eines Motorrades in Deutschland; sie muss aber, dem europäischen Gedanken eines freien Binnenmarktes folgend, nicht mehr zwangsläufig vom Kraftfahrt-Bundesamt aus Flensburg kommen.
Woher weiß nun die Zulassungsstelle, ob ein Fahrzeug mit AHO ausgestattet ist oder nicht? Aus den Zulassungsunterlagen wie dem CoC oder dem Teil II wird dieser Sachverhalt nicht ersichtlich. D.h., in letzter Konsequenz haben die Zulassungsstellen keine direkte Überprüfungsmöglichkeit. Es könnte somit zu Situationen kommen, in denen von einzelnen Zulassungsstellen zusätzliche Informationen gefordert werden. Für diese Einzelfälle haben die Hersteller/Importeure eine Liste der jeweiligen Typgenehmigungsbehörde mit Typgenehmigungsnummern der Fahrzeuge, die bereits über AHO verfügen, vorbereitet.
Im gleichen Atemzug mit AHO wollte die EU auch die Dichtigkeit von nicht-metallischen Tanks vorschreiben. Da diese Prüfung bereits seit langer Zeit dokumentierter Bestandteil der Typgenehmigung ist, ist auch keine weitere Aktion notwendig.